Mit Urteil vom 7. August 2012 (Aktenzeichen: 9 AZR 353/10) hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass bei langfristig erkrankten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern 15 Monate nach dem Ende des Urlaubsjahres, das heißt mit Ablauf des 31. März des übernächsten Jahres, der Urlaubsanspruch verfällt. Den Erfurter Richtern lag die Frage vor, wann der wegen Krankheit nicht in Anspruch genommene „angesparte“ Urlaub verfällt.
Im Allgemeinen verfällt der gesetzliche Urlaub ersatzlos, wenn er nicht bis zum Jahresende genommen wird. Das gilt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesarbeitsgerichts jedoch nicht für den Urlaub, den ein Arbeitnehmer wegen einer Erkrankung nicht in Anspruch nehmen konnte.
Der Europäische Gerichtshof hatte bereits mit Urteil vom 22. November 2011 (Aktenzeichen: C 214/10) geurteilt, dass das „Ansparen“ von Urlaubsansprüchen bei langer Erkrankung zeitlich begrenzt werden darf. In dem Fall ging es um eine tarifvertragliche Verfallfrist von 15 Monaten, gerechnet ab dem Ende des Urlaubsjahres. Die Luxemburger Richter hielt die zeitliche Begrenzung des Urlaubsschutzes in Krankheitsfällen für europarechtlich zulässig.
Der Auslegung des Europäischen Gerichtshofs folgte nun das Bundesarbeitsgericht auch für die Fälle, in denen keine tarifvertragliche Verfallfrist vorliegt.
Nach dem Grundsatzurteil der Erfurter Richter verfällt der in Krankheitsfällen „angesparte“ Urlaub allgemein, das heißt auch ohne eine tarifvertragliche Regelung, 15 Monate nach dem Ende des Urlaubsjahres.
Dem Urteil lag der Fall einer als schwerbehindert anerkannten Arbeitnehmerin vor, auf deren von 2001 bis 2009 dauerndes Arbeitsverhältnis der TVöD Anwendung fand. Im Jahr 2004 erkrankte sie und bezog eine befristete Rente wegen Erwerbsminderung. Bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses nahm die Arbeitnehmerin ihre Tätigkeit für die Arbeitgeberin nicht mehr auf.
Nach dem TVöD ruht das Arbeitsverhältnis während des Bezugs einer Rente auf Zeit und vermindert sich die Dauer des Erholungsurlaubs einschließlich eines eventuellen tariflichen Zusatzurlaubs für jeden Kalendermonat des Ruhens um ein Zwölftel. Die Klägerin hatte die finanzielle Abgeltung der sich angesammelten Urlaubstage beansprucht.
Das Bundesarbeitsgericht stellte klar, dass der gesetzliche Mindesturlaub nicht zur Disposition der Tarifvertragsparteien steht und bejahte daher im Grundsatz einen Urlaubsabgeltungsanspruch der Arbeitnehmerin. Allerdings begrenzte es diesen auf einen Übertragungszeitraum von jeweils 15 Monate und sprach der Arbeitnehmerin nur zeitlich begrenzt Urlaubsabgeltungsansprüche für den gesetzlichen Urlaub sowie für den Zusatzurlaub für Schwerbehinderte zu.